Zwischen Müssen und Dürfen
Elektrik und Orgelbau scheinen seit Langem in einem problematischen Verhältnis zu stehen. Einerseits gilt die mechanische Traktur als Inbegriff der Instrumentenbaukunst, andererseits sind Elektrik und Elektronik unverzichtbar, wenn es gilt, aktuelle Ansprüche an Spielhilfen und Komfort zu erfüllen.
Das mag der Grund dafür sein, warum über Holzart und Faserrichtung unermüdlich gegrübelt wird, die Wahl von Kabeln oder Klemmen aber mitunter dem zufälligen Griff in die Werkzeugkiste überlassen bleibt.
Manchem Orgelbauer gilt die Schraube mit angelöteten Drähten als geeigneter Stromverteiler, mancher Sachverständige hingegen wittert schon angesichts eines auf Holz befestigten Kabels akute Feuergefahr.
Die Verunsicherung ist groß: „Muss das sein?“ einerseits – „Darf man das?“ andererseits.
Man könnte es sich einfach machen und auf ein gutes Dutzend Normen und Vorschriften verweisen, die in Industrie und Gebäudeinstallation Standard sind.
Doch was im Maschinenbau sinnvoll und leicht umzusetzen ist, kann den Bau eines Musikinstruments fast unmöglich machen.
So wäre das Arbeiten in der engen Teilung von Windladen kaum denkbar, wenn man unter Verweis auf eine Vorschrift fordern würde, dass jeder Kontakt berührungssicher und doppelt isoliert sein müsse. Und um jede Leitungsverzweigung einen Schaltkasten zu bauen, mag den Elektriker erfreuen, würde den Orgelbauer aber zur Verzweiflung treiben.